Jedes Jahr sterben weltweit mehr Menschen an den Folgen einer antimikrobiellen Resistenz als an HIV/AIDS oder Malaria. Und wenn wir nichts unternehmen, fordert AMR im Jahr 2050 mehr Tote als Krebs. Die Futtermittelwirtschaft kann eine wichtige Rolle dabei spielen, dieses schlimme Szenarium zu verhüten.
Roland van der Post
Managing Director, GMP+ International
Antibiotika werden in Futtermitteln mitunter zur Erhöhung des Wachstums und der Produktion von Tieren verwendet. Diese Vorgehensweise hat jedoch den Nachteil, dass Bakterien ohne Antibiotikaresistenz verschwinden, während die resistenten Bakterien überleben. Diese können sich auch beim Menschen ausbreiten, wodurch Antibiotika bei kranken Patienten nicht mehr - oder weniger gut – wirken.
Jährlich gibt es weltweit gut 1,2 Millionen Todesfälle, die direkt einer antimikrobiellen Resistenz zugeschrieben werden können. Prof. Dr. Leo den Hartog von Wageningen University & Research wies auf dem Global Feed Safety Summit in Berlin darauf hin, dass sich diese Zahl - beim Ausbleiben von Maßnahmen - auf 10 Millionen im Jahr 2050 erhöhen könnte. Infektionen, die sich bisher innerhalb einiger Tage mit einem Antibiotikum behandeln ließen, könnten dann unheilbar werden.
Deshalb ergreifen Behörden in immer mehr Ländern Maßnahmen. In China wurde der Einsatz von Antibiotika im Sektor zur Herstellung tierischer Erzeugnisse verboten. Anfang dieses Jahres trat innerhalb der Europäischen Union eine Verordnung über die Herstellung, Einfuhr, Ausfuhr, Abgabe und Anwendung von sowie den Handel mit Tierarzneimitteln in Kraft.
Es wäre ein Irrtum, davon auszugehen, dass die Futtermittelwirtschaft nur über behördliche Maßnahmen zum Wandel zu bewegen ist. Bereits im Jahr 2011 führte GMP+ International - auf Ersuchen der niederländischen Futtermittelwirtschaft - eine Country Note (TS2.2) für antibiotikafreie Futtermittel ein. In vielen Ländern nimmt der Sektor bereits die Verantwortung auf sich. In den Niederlanden ist der Einsatz von Antibiotika in der Viehwirtschaft zwischen 2009 und 2020 zum Beispiel um etwa 70 Prozent gesunken.
Obwohl sich jedoch das Bewusstsein erhöht, ist der Einsatz von Antibiotika in Futtermitteln noch lange nicht überall rückläufig. Und die Erkenntnisse der Wissenschaft sind unmissverständlich: AMR ist ein weltweites Problem, das ein weltweites Vorgehen erfordert. Deshalb möchten wir als weltweites System eine unterstützende Rolle beim Zurückdrängen von AMR spielen. Wir werden Schritte zum Promoten unseres Moduls für antibiotikafreie Futtermittel, das zunächst nur für die niederländische Wirtschaft gedacht war, in anderen Ländern in die Wege leiten.
Das Prinzip sicherer Futtermittel bedeutet vor allem, dass die Futtermittel die Gesundheit von Mensch und Tier nicht beeinträchtigen dürfen. Wir sollten uns deshalb für eine vernünftige Verwendung antimikrobieller Mittel in der Futtermittelwirtschaft einsetzen. Damit verschwindet AMR zwar nicht sofort aus der Welt, indem wir jedoch zusammenarbeiten und als Sektor unsere Verantwortung auf uns nehmen, sind wir dann allerdings nicht mehr länger ein Bestandteil des Problems, sondern leisten wir einen Beitrag zu dessen Lösung. Und genau dies darf man von einem innovativen Sektor wie dem unseren ja auch erwarten.