Anfang Oktober wurde die Futtermittelbranche von einem groß angelegten Betrugsdelikt in Polen aufgerüttelt. Der Vorfall macht wieder einmal deutlich, dass man nicht jedem Geschäftspartner blind vertrauen darf und, noch wichtiger, dass Futtermittelsicherheit nicht ohne innere Motivation und Verantwortungsbewusstsein gewährleistet werden kann.
Roland van der Post
Managing Director, GMP+ International
Beginnen wir mit der guten Nachricht: Betrugsfälle sind selten. Die allermeisten Unternehmer in unserer schönen Branche haben ausschließlich gute Absichten in Bezug auf ihr Unternehmen, ihre Kollegen, die Tiere und den Endverbraucher. Und dank moderner Qualitätsmanagement- und Zertifizierungspläne und - nicht zu vergessen - strikter Aufsicht ist die Aufmerksamkeit für sichere Futtermittel und eine starke Handelskette gegenwärtig größer denn je.
Aber leider gibt es in der Branche auch Bösewichte. Kürzlich wurde bekannt, dass die polnischen Behörden eine Razzia bei einem Unternehmen durchgeführt haben, welches im Verdacht steht, jahrelang sogenannte technische Fette für Futtermittelzwecke verkauft zu haben. Jeder in unserer Branche weiß, dass das verboten ist. Die polnischen Behörden ermitteln jetzt in dieser Sache.
GMP+ International erhielt unter anderem über unsere Zertifizierungsstelle eine Meldung über einen möglichen Betrugsfall. Nach einer kurzen Untersuchung ist sofort eine EWS-Meldung verschickt worden. Die Zertifizierungsstelle hat danach das GMP+ FSA-Zertifikat des betreffenden Unternehmens mit sofortiger Wirkung für ungültig erklärt. Solche Unternehmen haben in unserer Kette nichts zu suchen.
Natürlich stellt man sich die Frage, wie das passieren konnte. Und warum dieses Unternehmen jahrelang unter dem Schutz eines GMP+ FSA-Zertifikats agieren konnte. Unsere Zertifizierungsstellen führen Audits durch, um herauszufinden, ob die Unternehmen gemäß unseren Kriterien arbeiten. Bei diesen Audits wird viel kontrolliert und verifiziert. Manchmal kommen dabei auch Auffälligkeiten ans Licht. Meist aber nicht, weil bei den Unternehmen einfach alles in Ordnung ist. In seltenen Fällen aber wird nichts festgestellt, weil die Unregelmäßigkeiten gut vertuscht wurden, was Betrüger anscheinend sehr gut können.
GMP+ International und unsere Zertifizierungsstellen sind keine Polizeibeamte. Das GMP+ Zertifizierungssystem bietet den Unternehmen einheitliche Standards und sehr viel Eigenverantwortung. Wir arbeiten nach dem Prinzip ‘trust & verify’. Aber wir können nicht jeden Vorfall ausschließen.
Aus diesem Grund werden wir nicht müde zu betonen, dass es nicht reicht, wenn sich die Unternehmen ein Zertifikat an die Wand hängen. Es braucht mehr, um die Futtermittelsicherheit auf einem hohen Niveau zu halten. Daher regen wir die Unternehmen dazu an, auch am Aufbau einer feed safety culture zu arbeiten. Damit Kooperationen immer wieder auf den Prüfstand gestellt werden. Damit am Arbeitsplatz in Wissen investiert wird, beispielsweise über unsere GMP+ Academy.
Der Vorfall in Polen zeigt, dass wir dieses Verantwortungsbewusstsein nicht außer Acht lassen dürfen. Betrügerisches Vorgehen birgt nicht nur finanzielle und strafrechtliche Risiken, sondern trifft die gesamte Branche, nicht zuletzt wegen der negativen Medienberichterstattung. Deshalb sollte dieser Vorfall unbedingt ein wake-up call sein. Übernehmen Sie also Verantwortung und zögern Sie nicht, Vorfälle zu melden. Nur mit eigenem Engagement und Einsatz können wir uns von anderen unterscheiden und eine sichere Branche schaffen.